Europäisches Institut für Stillen und Laktation

Marketingpraktiken der Säuglingsnahrungsindustrie

Anlage zum EISL-Newsletter März 2022

Examining the impact of formula milk marketing on infant feeding decisions and practices: How marketing of formula influences our decisions in infant feeding
Multi-country study commissioned by UNICEF and WHO, 2022. https://www.unicef.org/documents/impact-bms-marketing

Das wichtigste in Kürze:

  • Trotz internationaler Bemühungen der letzten Jahrzehnte wirbt die Babynahrungsindustrie noch immer weltweit aggressiv für künstliche Säuglingsnahrung und verstößt dabei auch häufig gegen Gesetze
  • Besonders zugenommen hat invasive Online-Werbung, sowie verdeckte Werbung über Sponsoring von Influencern, Beratungsnetzwerken oder Helplines
  • In den letzten 20 Jahren sind die Stillraten weltweit nur geringfügig gestiegen, während sich im selben Zeitraum der Absatz von Säuglingsnahrung etwa verdoppelt hat

Die Weltgesundheitsorganisation WHO und das UN-Kinderhilfswerk UNICEF haben vor mittlerweile knapp über 40 Jahren erstmals in einer gemeinsamen Erklärung international gültige Richtlinien erlassen, die dem Schutz und der Förderung des Stillens dienen und die Werbung für künstliche Säuglingsnahrung streng regulieren sollen. Seither wurden zahlreiche Aktualisierungen des sogenannten "WHO-Kodex" vorgenommen und regelmäßig wird überprüft, wie der Kodex international umgesetzt wird.

In vielen Ländern gibt es in der Zwischenzeit auch nationale Gesetze, die Teil-Aspekte des Kodex konkretisieren und Strafen bei Verstößen ermöglichen. Allerdings gibt es weiterhin einige Länder, die nur wenige Punkte umgesetzt haben oder große Lücken lassen, die die Hersteller von Säuglingsnahrung ausnutzen.
Wir berichteten zu diesem Thema bereits → 2016, → 2018, → 2019 und auf unserer
→ Fachseite "Der WHO-Kodex: ein weltweites Instrument zum Schutz des Stillens"

Ein aktuell im Februar 2022 veröffentlichter Bericht von WHO und UNICEF kommt nun erneut zum Schluss, dass auch weiterhin unethische, aggressive Marketingpraktiken durch die Hersteller von Säuglingsnahrung verfolgt werden. Dies hat Auswirkungen auf unsere Gesellschaft – von der Politik über die Medien bis hin zu unseren alltäglichen Entscheidungen im Supermarkt.
Besonders alarmierend ist auch, dass sehr oft Gesundheitspersonal in den Fokus von Werbemaßnahmen gestellt werden, indem z.B. Geschenke an Kliniken oder Wochenstationen und das Personal verteilt werden, Fachkonferenzen oder Seminare mit Sponsoring unterstützt oder kostenlos angeboten werden und indem Forschungsgelder für "notorisch klamme" Studien-Gruppen verteilt werden.

Einige deutsche Medien haben den aktuellen Bericht aufgegriffen, z.B. das → Deutsche Ärzteblatt, der → Spiegel und die → ZEIT.

Die offizielle deutsche Pressemitteilung von WHO und UNICEF finden Sie → hier, den vollständigen Bericht (englisch) → hier.

© März 2022, Anja Bier (IBCLC)
und das EISL-Newsletter-Team: Natalie Groiss, IBCLC; Gabriele Nindl, IBCLC; Gudrun von der Ohe, IBCLC

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